Warum ich vor 30 Jahren mit dem Abenteuer Karate begann!

Oder wie Karate mich für immer in seinen Bann zog

Ein persönlicher Erlebnisbericht für Karateka und solche, die es werden und auch lange bleiben wollen!

Allgemeine Gründe für eine Kampfkunst

Das Abenteuer Karate ist eine lange Reise, die mit kleinen Schritten in verschiedene Richtungen beginnt!

Jeder Mensch ist verschieden und daher hat jeder andere Beweggründe, die ihn zum Studium einer Kampfkunst wie z.B. Karate veranlassen können.

Eine kleine Auswahl davon wären: Selbstverteidigung, akrobatische Techniken (Kicks), esoterisches bzw. spirituelles Interesse (Zen Philosophie), historisches bzw. kulturelles Interesse (Samurai, Ninja Epoche…), Suche nach Ausgeglichenheit, Selbstverwirklichung, Fitness, Verbesserung von Dehnung und Beweglichkeit etc. 

Sowohl von den körperlichen Voraussetzungen her, als auch betreffend der eigenen Persönlichkeit ist die Auswahl der zu einem passenden Kampfkunst ein komplexer Prozess, weshalb die erste Wahl nicht unbedingt die richtige sein muss!

Jugenderinnerungen – Das Abenteuer Karate beginnt im Kopf!

Wie bei vielen anderen auch, wurde meine Liebe zur Kampfkunst in der Jugend durch das Schauen diverser Filme geweckt; mit Helden wie Bruce Lee, Jackie Chan, Chuck Norris, Jean Claude van Damme usw. – damit war der erste, geistige Schritt in das Abenteuer Karate getan.

Aufgewachsen in der ländlichen Provinz des südlichen Burgenlandes gab es jedoch keine Trainingsmöglichkeiten bzw. war mir der Gedanke fremd, dass es überhaupt auf normalem Wege möglich sein sollte, diese geheimnisvollen, übermenschlich wirkenden Künste zu erlernen.

Neben den Filmen kam mit den Jahren Lektüre wie „Karate für Anfänger“ (Albrecht Pflüger) und natürlich das Karate Standardwerk „Karate-do: Mein Weg“ (Gichin Funakoshi) hinzu, verbunden mit generellem Interesse an fernöstlicher, insbesondere japanischer Kultur. Prägend in Bezug auf die Samurai Kultur waren Filme wie etwa „Yojimbo – der Leibwächter“ oder „Die 7 Samurai“ von Akira Kurosawa mit dem legendären Samurai und Schauspieler Toshiro Mifune. Schön zum Eintauchen in die Welt der Samurai war auch die TV-Serie „Shogun“ mit Mifune als mächtigen Fürsten Toranaga (historisch angelehnt an Shogun Tokugawa Ieyasu).

In Erinnerung gebliebene Bücher sind „Zen in der Kunst des Bogenschießens“ von Eugen Herrigel oder natürlich auch „Das Buch der 5 Ringe“ von Miyamoto Musashi.

Das Kampfkunst-Multiversum der Großstadt

Durch den Umzug in die große weite Stadt Wien zwecks Studium eröffnete sich für mich plötzlich eine ganze Welt an Möglichkeiten, Kampfsport bzw. Kampfkunst auszuüben.

Ich wollte alles auf einmal ausprobieren, viele Studienkollegen hatten Tipps über eigene Erfahrungen: Boxen, Kungfu, Aikido … Den allerersten Kurs belegte ich allerdings im Bogenschießen.

Nach jeweils ein paar Einheiten in den verschiedenen Kampfkünsten hatte ich mein prägendes Schlüsselerlebnis in der ersten Karate-Stunde am Universitäts-Sportinstitut Wien (USI), geleitet von Sensei Michael Canoy (1951-2021), der lange Zeit in Japan trainiert hatte und dem dabei die Ehre zuteil wurde, von Großmeister Nakayama persönlich in die legendäre JKA Instructor Class eingeladen zu werden.

Welche Kampfkunst trainieren – Karate?

Mit Karate hatte ich zuvor noch gewartet: die “normalen” Kurse von anderen Trainern waren immer sofort ausgebucht und vor “Dem Canoy” hat man mich mehrmals gewarnt … „Der Typ ist verrückt!“.

Was hatte ich bis dahin an Techniken gesehen: wuchtige, schnelle Schlagfolgen auf den Sandsack beim Boxen; seltsam verdrehte, aber doch elegant und kräftig wirkende Stellungen mit verschiedensten Schlägen und Tritten beim Kung Fu und geschmeidig schwebende Bewegungen beim Aikido, zum Zwecke der Weiterleitung der Energie des Gegners.

Eigentlich gefielen mir alle Trainings: Jede Kampfkunst hatte zwar einen unterschiedlichen Zugang, es gab aber auch Gemeinsamkeiten wie die Wichtigkeit genauer Techniken oder koordinierter Ganzkörper-Bewegungen. Die Entscheidung, ob ich weiterhin verschiedene Kampfkünste parallel erlernen wollte oder mich auf eine Sache konzentrieren sollte, fiel mir echt schwer. Aber es fehlte ja noch Karate auf meiner Agenda, um mir einen kompletteren Überblick zur abenteuerlichen Welt der Kampfkünste zu verschaffen …

Karate bei einem Meister

So, dann also Karate … die erste Stunde begann mit intensivem Aufwärmen – an sich schon ein Abenteuer mit fast militärischem Drill und schweißtriefenden Übungen. Dann die ersten Technik-Lektionen mit Fauststoß (Tsuki) am Stand, nach ein paar Übungen den Fauststoß mit Schritt nach vorne (Oi-zuki). Nun, vom Boxen her dachte ich, eine lange Vorwärtsbewegung mit Schritt sei viel zu langsam … unrealistisch im Kampf …

Der Meister (oder Sensei, was auf japanisch eigentlich Lehrer bedeutet) hatte bis jetzt die Techniken eher langsam vorgezeigt, bis er das Kommando gab: „So, jetzt schnell stark!”

Er machte aus der Grundstellung (Shizentai) einen Schritt nach vorne in Zenkutsu-Dachi mit Gedan-barai (Block untere Stufe). Dann machte es einen Riesen-Rumms, der Parkettboden erzitterte und ich hatte das Gefühl, dass das ganze Dojo und die Luft darin vibrierten.

Der Sensei hatte einen Schritt nach vorne gemacht, besser gesagt sich explosiv nach vorne katapultiert, am Ende ein impulsiv gestoppter Fauststoß (Oi-zuki) mit einem gewaltigen Kampfschrei, dem Kiai. Es war atemberaubend: Schnelligkeit, Körperspannung und am Ende diese Entladung von geballter Energie!! Und das alles mit einer eigentlich einfach wirkenden Technik aus einem Schritt vorwärts – so sieht also das wahre Abenteuer Karate in echt aus!

Ein unglaublicher Unterschied zu den choreografierten Techniken in den Filmen; hier war echter Kampfgeist gepaart mit ur-gewaltiger Energie, entladen in einem kurzen, äußerst intensiven Stop der Technik (Kime)

Da wusste ich: „Genau das will ich lernen und genauso will ich es auch einmal beherrschen!“